Neuronale Extraktion topologischer und struktureller Parameter aus Kleinwinkelstreubildern kolloidaler Ensembles
Teilprojekt am Institut für Chemie
- Ansprechpartner: Prof. Dr. Joachim Wagner
Qualifikationsstellen
- D 82-19: Doktorand*in
Beschreibung
Ziel des Teilprojektes ist die Auswertung von Kleinwinkelstreubildern kolloidaler Ensembles mittels Methoden der künstlichen Intelligenz. Streubilder können an modernen Synchrotronstrahlungsquellen mit hohen Repetitionsraten erfasst werden. Die hierbei anfallenden, großen Datenmengen sind mit konventionellen Methoden nicht mehr vollständig auswertbar.
Im Rahmen des Projektes sollen intelligente Automaten entwickelt werden, die unter Nutzung von mit simulierten Streudaten trainierten neuronalen Netzen die effiziente Auswertung großer Datenmengen ermöglichen. Hiermit soll ein Zugang zu Wahrscheinlichkeitsdichten topologischer Parameter, Orientierungsverteilungsfunktionen anisotroper Partikel sowie translatorischer Korrelationen in kolloidalen Ensembles geschaffen werden.
Zusammenfassung
Die Arbeitsgruppe "Komplexe molekulare Systeme" beschäftigt sich mit kolloidaler weicher Materie, wobei Struktur und Dynamik kolloidaler
Suspensionen im Fokus der Forschung stehen. Kolloidale Suspensionen sind nicht nur wegen ihrer vielfältigen Anwendungen, z. B. als
Pigmente in Lacken oder als drug-delivery Systeme in der biomedizinischen Technik, sondern auch aus Sicht der Grundlagenforschung
attraktive Systeme: Kolloide bilden infolge von Selbstorganisation flüssigkeitsähnliche, glasartige Strukturen und selbst langreichweitig
geordnete, kristalline Strukturen und können daher als Modellsysteme für kondensierte Materie auf – gegenüber atomaren bzw. molekularen
Systemen – vergrößerten Skalen von Raum und Zeit fungieren.
Als kolloidale Modellsysteme dienen in der Arbeitsgruppe insbesondere anisotrope, magnetische Partikel, die sowohl in newtonschen
Flüssigkeiten als auch komplexen Matrices wie Hydrogelen dispergiert sind. Aufgrund starker Absorption im Bereich optischer Wellenlängen
dient insbesondere Röntgenkleinwinkelstreuung zur strukturellen Charakterisierung. Zugang zur Dynamik liefert kohärente
Röntgenstrahlung, wie sie an modernen Synchrotronstrahlungsquellen zugänglich ist.
Im Rahmen des NEISS-Projektes übernimmt die Arbeitsgruppe Wagner die Aufgabe, Methoden der künstlichen Intelligenz zur Auswertung
von Kleinwinkelstreudaten zu etablieren. Aufgrund der Brillianz neuer Strahlungsquellen wie PETRA III oder XFEL können Untersuchungen
zur Struktur und Dynamik kondensierter Materie mit sehr hohen Repetitionsraten durchgeführt werden, wodurch mit konventionellen
Methoden nicht mehr auswertbare Datenmengen erzeugt werden.
Das bei Kleinwinkelstreuung erhaltene Signal ist ein mit Wahrscheinlichkeitsdichten von topologischen Parametern und Orientierung
gewichtetes Ensemblemittel. Treten infolge von Selbstorganisation translatorische Korrelationen zwischen Partikeln auf, erhöht dies
zusätzlich die Komplexität der Strukturrekonstruktion und Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsdichten.
Ziel des Projektes ist es, zunächst mittels geometrischer und struktureller Modelle relevante Datensätze zu simulieren und diese als
Trainingsdatensätze für neuronale Netze zu verwenden. Schließlich sollen mit einem für Kleinwinkelstreudaten trainierten neuronalen Netz
reale Streudaten analysiert werden.
Das Projekt arbeitet in enger Kooperation mit der Physik, deren Fokus in der Auswertung von Weitwinkelstreudaten angesiedelt ist.