Kognitive Aktivierung, fachliche Unterrichtsqualität und verschachteltes Lernen im Mathematikunterricht
Prof. Frank Lipowsky (Kassel)
Unter kognitiver Aktivierung wird ein breites Bündel an unterrichtlichen Maßnahmen und Strategien verstanden, die das Potenzial haben, die Lernenden zu einem vertieften Nachdenken über den Lerngegenstand anzuregen. In der Unterrichtsforschung ist mit dem Konzept der kognitiven Aktivierung der Anspruch verbunden, auch fachlich-inhaltliche Aspekte von Unterrichtsqualität erfassen zu können. Seit einigen Jahren wird jedoch diskutiert, inwieweit die bisherige Konzeptualisierung kognitiver Aktivierung diesem Anspruch gerecht wird.
Im Vortrag wird das Konzept der kognitiven Aktivierung in zweifacher Hinsicht erweitert. Zum einen wird anhand der Daten aus der sogenannten Pythagorasstudie der Frage nachgegangen, inwieweit kognitive Aktivierung und eine stärker fachlich-inhaltliche Dimension von Unterrichtsqualität als eine zusammengehörige Dimension oder als zwei komplementäre Dimensionen von Unterrichtsqualität betrachtet werden können. Zum anderen wird das Konzept der kognitiven Aktivierung zu kognitionspsychologischen Erkenntnissen im Umfeld der „desirable difficulties“ und des „verschachtelten Lernens“ (interleaved practice) in Beziehung gesetzt. Verschachteltes Lernen, also das vermischte Behandeln von miteinander in Beziehung stehenden Inhalten, erschwert das Lernen und fordert die Lernenden heraus. Anhand der Kasseler Studien LIMIT und LEO, die im Mathematikunterricht der Grundschule durchgeführt wurden, wird das Potenzial verschachtelten Lernens verdeutlicht.